Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

Sonnenuntergang

Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie gehört neben der klassischen (auf Sigmund Freud zurückgehenden) Psychoanalyse zu den psychodynamischen Therapieverfahren. Ihr Grundgedanke ist, dass sich hinter „sichtbaren“ psychischen und/oder körperlichen Symptomen in der Regel unbewusste Motivationen, Einstellungen, Wünsche, Ängste und Emotionen verbergen, die zudem im Konflikt zueinander stehen und somit zu inneren Spannungen führen. In der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie werden diese unbewussten Persönlichkeitsanteile in der gemeinsamen Arbeit auf eine bewusste Ebene gebracht, um dem Patienten einen „bewussten“ und damit adäquateren Umgang mit sich – den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen – und anderen Menschen zu ermöglichen. Je mehr die inneren Antriebe, Erlebens- und Beziehungsmuster einer Person bewusst sind, um so mehr Einfluss hat sie darauf und kann sie zum eigenen Wachstum verwenden oder neue Lebensentscheidungen treffen.

Dass uns große Bereiche der eigenen Verhaltens- und Beziehungs-muster unbewusst sind, hängt wesentlich mit frühen Bindungserfah-rungen (mit Eltern, Geschwistern und anderen wichtigen Bezugspersonen) zusammen. Auf manche „Charakterzüge” gab es mehr Resonanz, andere wurden vielleicht völlig abgelehnt. Solche Ablehnung kann oft vielmehr durch eine bestimmte Atmosphäre als durch ausdrückliche Verbote oder Erwartungen vermittelt sein. Dann blendet das Kind diese Persönlichkeitsanteile mehr oder weniger aus, weil es auf das Wohlwollen und die emotionale Sicherheit durch die Eltern angewiesen ist. Und auch für die Eltern ist dies ein unbewusster Prozess, sie haben vermutlich in der eigenen Kindheit ähnliche „Ausblendungserfahrungen” gemacht. Diese Weitergabe durch die Generationen gilt es in der Therapie zu erkennen und zumindest etwas zu durchbrechen.

Dazu kommt, dass bestimmte in der Kindheit entwickelte Verhaltens-muster über lange Zeit sinnvoll erscheinen und ins Verhaltens- und Beziehungsrepertoire einer Person aufgenommen werden. Mit diesem Verhalten (fachlich als „Kompensation“ oder „Schutzstrategie“ bezeichnet) kommt der Mensch recht gut durchs Leben, bis es sich in einer neuen – z. B. beruflichen oder partnerschaftlichen – Situation als unpassend, einschränkend oder überfordernd erweist und deshalb Schwierigkeiten verursacht. Aufgrund seiner oft langjährigen Wirkung und Bestätigung kann es aber nicht so ohne weiteres abgelegt werden, sondern führt plötzlich oder allmählich zur Entwicklung von Krankheitssymptomen. Die Wurzel des inzwischen nicht mehr hilfreichen Erlebens- oder Verhaltensmusters liegt also in der Kindheit, der krankmachende Auslöser hingegen in der Gegenwart. Die Therapie zielt darauf ab, diesen Zusammenhang bewusst zu machen und die Entwicklung besser passender Alternativen zu ermöglichen.

Speziell in der Kontaktaufnahme und Beziehungsgestaltung spielen Übertragungsprozesse eine wichtige Rolle: die in der Kindheit entwickelten „Beziehungsmodelle“ wenden wir im späteren Leben auch im Umgang mit anderen Menschen an, um uns im vertrauten Muster sicher zu fühlen. Auch die Beziehung zum Psychotherapeuten (und ggfs. zu anderen Mitgliedern einer Therapiegruppe) wird unbewusst so gestaltet, wie wir es „schon immer“ gemacht haben. In der Therapie wird versucht, diese Muster zu erkennen und bewusst zu machen, um eine größere Variationsbreite des Verhaltens zu ermöglichen und zu verhindern, dass man immer wieder die gleichen unglücklichen Erfahrungen macht.

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie dauert in der Regel zwischen 1/2 und 2 Jahren mit einer Sitzung pro Woche.